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Der aktuelle Schweizer Steuerhinterziehungsskandal - Fragen an den Experten
Datum: Dienstag, dem 23. März 2010
Thema: Europa Infos


Interview mit dem Münchner Rechtsanwalt Dr. Klaus Höchstetter

München, 23.03.2010 - Dr. Klaus Höchstetter, geb. 1964, ist in München als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei tätig. Er hat Rechtswissenschaften und Politikwissenschaften studiert und ist Fachanwalt für Steuerrecht, Anwalt für Wirtschaftsrecht und Executive Master of Business Law M.B.L.-HSG. Herr Dr. Höchstetter verfügt über Berufserfahrung in der freien Wirtschaft und übernahm in der Vergangenheit diverse Lehraufträge. Darüber hinaus war er wiederholt bei Fernsehauftritten zu juristischen Fragestellungen zu sehen.

Herr Dr. Höchstetter, in den vergangenen Wochen hat der Schweizer Steuerhinterziehungsskandal die Schlagzeilen in den Tageszeitungen bestimmt. Diesmal hat ein Unbekannter dem Staat Daten zugespielt, aber wie ist es grundsätzlich zu erklären, dass in den letzten Jahren so viele Steuerdelikte im großen Rahmen aufgedeckt wurden?

Dr. Klaus Höchstetter: Der Hintergrund der aktuellen Entwicklung ist darin zu sehen, dass der Datendiebstahl bei Schweizer und Liechtensteiner Banken offenkundig extrem zunimmt und inflationär wird. Ein Anreiz für diese Entwicklung war seinerzeit der Ankauf der Daten-CD im Zusammenhang mit der Affäre Zumwinkel bzw. LGT-Liechtenstein. Alle diese Fälle offenbaren einen Schwachpunkt bei der Wahrung des Bankgeheimnisses: den im Einzelfall betreuenden Bankmitarbeiter sowie jede Person, die bankintern Zugang zu EDV- und anderen Datensystemen hat. Das gleiche Problem besteht natürlich ganz allgemein beim Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.

Sehr umstritten sind unter Politikern und in der Bevölkerung der Ankauf und die Verwendung der illegal erworbenen Daten, die der anonyme Informant der Bundesregierung für 2,5 Millionen Euro verkaufen will. Wie schätzen Sie das juristisch ein?

Aus meiner Sicht ist der Ankauf gestohlener Bankdaten sowohl juristisch als auch moralisch nicht vertretbar. Moralisch betrachtet, sollte sich ein starker Rechtsstaat nicht auf das Niveau von Kleinkriminellen herablassen. Im Übrigen hat es ein starker Rechtsstaat auch nicht nötig, sein wertes System mit zweifelhaften Methoden zu verteidigen. Juristisch betrachtet, handelt es sich um den Diebstahl von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Diese Daten kauft der deutsche Staat an - obwohl der Datendiebstahl auch in Deutschland strafbar ist. Der Ankauf gestohlener Daten stellt einen Dammbruch dar, der die Verhältnisse gefährlich ins Wanken bringt. Wieso sollte sich künftig noch irgendjemand über den Datendiebstahl von sogenannten CO2-Zertifikaten in der Industrie aufregen, wenn doch sogar der deutsche Staat vergleichbar geheime Daten aufkauft, wenn auch aus einer anderen Branche? Oder ein anderer Vergleich: Warum sollte der Ankauf von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Rahmen von Wirtschaftsspionage, beispielsweise durch den chinesischen Staat, anders zu bewerten sein als der Ankauf von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen durch die deutsche Regierung?

Wie beurteilen Sie die Rolle der Schweizer Banken bei der Steuerhinterziehung? Tragen sie eine Mitschuld im Sinne der Beihilfe zur Steuerhinterziehung? Und können Finanzberater zur Rechenschaft gezogen werden?

Zunächst einmal ist grundsätzlich festzuhalten, dass das schweizerische Bankengeheimnis Teil eines freiheitlichen bürgerlichen Abwehrrechtes des Individuums gegen den Staat ist. Es ist ein Abwehrrecht im Rahmen informeller Rechtsbestimmung des Einzelnen gegen den Staat in bester liberaler Tradition. Dass es passieren kann, dass diese freiheitlich-liberalen gesetzlichen Regelungen auch dazu missbraucht werden können, um Steuerverkürzungen zu decken, lässt sich nicht verhindern und ist wie bei jeder anderen rechtlichen Normierung selbstverständlich - wenn auch dieser Missbrauch natürlich nicht gutzuheißen ist.
Meiner Erfahrung und Kenntnis nach ist es inzwischen in der Schweiz viel schwieriger geworden, ein Konto zu eröffnen, als es in Deutschland ist. In der Schweiz werden regelmäßig in dezidierter Weise nicht nur der soziale Hintergrund und die Herkunft von Geldern im Rahmen der allgemeinen Geldwäsche-Compliance abgefragt, sondern es wird ausdrücklich geklärt, ob es sich um steuerlich sensible, also um versteuerte oder unversteuerte Mittel handelt. Die Schweiz ist in diesem Bereich schon sehr viel weiter als etwa die deutschen Banken. Allerdings sehe ich es als nicht unproblematisch an, dass die Schweizer Banken inzwischen Daten und Hintergründe abfragen, die sie eigentlich nichts mehr angehen.
Ein Geschäftsmodell, das speziell Steuerhinterzieher anziehen will, verfolgen die Schweizer Banken sicher nicht, aber sie nutzen die "Gelegenheit" und die offenkundig starke Nachfrage. Sie verfolgen vielmehr ein Geschäftsmodell, welches das Diskretionsbedürfnis des einzelnen Anlegers würdigt und respektiert. Schwachpunkt dürfte hier nicht die Bank sein, sondern im Einzelfall der jeweilige Kundenberater. Allerdings ist eine differenzierte Betrachtungsweise im Rahmen der aktuell populistisch geführten Diskussion um die aufgedeckten Steuerhinterziehungen leider kaum möglich.

Womit müssen Steuerhinterzieher rechnen, deren Daten auf der Schweizer CD gespeichert sind?

Die Steuerpflichtigen, deren Daten sich auf der schweizerischen CD befinden und die ihre auf dem gegenständlichen Konto geführten finanziellen Mittel in Deutschland nicht deklariert haben, haben allen Grund, besorgt zu sein: Selbstverständlich wird gegen diese Personen ohne deren Kenntnis ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Das bedeutet, dass die Betroffenen zum einen die seinerzeit verkürzten Steuern nebst Zinsen, Sollniszuschlägen, Hinterziehungszinsen usw. nachzahlen müssen. Zum anderen ist sicherlich mit einer empfindlichen Geldstrafe oder sogar einer Freiheitsstrafe zu rechnen, die möglicherweise noch gegen Zahlung einer empfindlichen Geldauflage zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

Vermutlich leben jetzt viele Steuerhinterzieher in der Angst, entdeckt zu werden. Was raten Sie ihnen?

Gegenwärtig rate ich allen Menschen, deren Daten potentiell auf einer der öffentlich diskutierten Daten-CDs gespeichert sein könnten und die nicht versteuerte Gelder auf Konten in der Schweiz oder generell im Ausland halten, zur Selbstanzeige. Zum einen ist dies der einzige Weg, um die steuerliche Angelegenheit mit strafbefreiender Wirkung aus der Welt zu schaffen. Zum anderen ist es angesichts des sich verschärfenden gesellschaftlichen, politischen und juristischen Drucks der einzige Weg, um wieder ruhig schlafen zu können und somit die Lebensqualität wieder herzustellen. Man muss wissen, dass sich das Entdeckungsrisiko inzwischen nicht mehr mit "Wahrscheinlichkeiten" kalkulieren lässt. Entscheidend ist bei der Selbstanzeige, dass sie vom Fachmann umfassend und vor allem rechtzeitig abgefasst und eingereicht wird. Andernfalls ist die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige potentiell nicht gegeben.

Wie finden Betroffene einen qualifizierten und vertrauenswürdigen Ansprechpartner, der ihnen weiterhelfen kann? Worauf sollten sie bei der Wahl des Rechtsanwalts achten?

Problematisch bei der Wahl des richtigen Fachmanns ist, dass die meisten Steuerpflichtigen geneigt sind, sich sofort an "ihren" Steuerberater zu wenden. Das ist deshalb problematisch, weil der Steuerberater die gesamte Betreuung seines Mandanten abbrechen muss, wenn er im Fall von nicht versteuerten Geldern berät und dann entgegen seiner Empfehlung keine Selbstanzeige erstattet wird. Sobald der Steuerberater von einer Steuerhinterziehung erfährt und der Mandant eine Selbstanzeige ablehnt, muss der Steuerberater das Mandat zwingend niederlegen, weil er sich sonst selbst strafbar machen würde und im übrigen dann künftig auch durch Dritte angreifbar wäre.
Im Übrigen kommt es bei der Wahl des Beraters darauf an, dass er nicht nur ein versierter Experte auf dem Gebiet des Steuerrechts ist, sondern auch über profunde Kenntnisse im Strafrecht verfügt. Das Steuerstrafrecht ist im Spannungsfeld von Steuerrecht einerseits und Strafrecht andererseits anzusiedeln. So ist beispielsweise schon ganz am Anfang darauf zu achten, dass die abzufassende Selbstanzeige zwar beim zuständigen Finanzamt eingereicht, im Zweifelsfall aber zunächst bei der Straf- und Bußgeldstelle bzw. der Steuerfahndung gelesen wird.

Wenn sich jemand, der Steuern hinterzogen hat, zu einer Selbstanzeige entschließt, wie sollte er dann vorgehen und worauf muss er achten?

Sobald nach entsprechender Beratung die Entscheidung gefallen ist, Selbstanzeige zu erstatten, ist - in aller Kürze - auf Folgendes zu achten: Der Betroffene sollte umgehend einen versierten steuerstrafrechtlichen Experten mit profunder Kenntnis in den Bereichen Steuerrecht und Strafrecht konsultieren. Es ist wichtig, dass der Steuerpflichtige mit seinem Berater umfassend und offen spricht, weil die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige nur so weit reicht, wie tatsächlich bislang nicht deklarierte Einkünfte nachträglich angegeben werden. Die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen, insbesondere die Anforderung von Unterlagen bei den betroffenen Banken sollte auf jeden Fall in Abstimmung mit dem Berater oder sogar über diesen erfolgen. Das gleiche gilt für die Überführung erforderlicher Unterlagen aus dem Ausland nach Deutschland.
Es gilt, keine Zeit zu verlieren, denn nur eine Selbstanzeige, die in Deutschland rechtzeitig eingereicht wird, hat strafbefreiende Wirkung. Wenn die Steuerfahndung an die Tür klopft, ist es für eine Selbstanzeige im Zweifel zu spät. Gegebenenfalls lässt sich dann noch eine sogenannte gestufte Selbstanzeige einsetzen. Dabei werden zunächst geschätzte Einkünfte nachträglich deklariert, um dann im weiteren Besteuerungsverfahren die bei den Banken angeforderten Unterlagen mit präzisen Zahlen nachzureichen. Korrigiert werden darf dann wegen der Sperrwirkung des zwischenzeitlich eingeleiteten Ermittlungsverfahrens aber nur noch nach unten.

Kontakt:
Höchstetter & Kollegen
Bavariaring 38
80336 München
Telefon +49 (0)89 74 63 09 0
Telefax +49 (0)89 74 63 09 99
E-Mail: info@hoechstetter.de

Die Kanzlei Höchstetter und Kollegen am Bavariaring 38 in München wurde 1993 von Rechtsanwalt Dr. Klaus Höchstetter gegründet, der nach wie vor die Leitung innehat. Heute beschäftigt die expandierende Kanzlei ein Team von 10 bis 14 Mitarbeitern, bestehend aus vier Rechtsanwälten, die durch ihr Fachwissen einen großen Teil der Rechtsgebiete abdecken, Fachangestellten und freien Mitarbeitern. Über die Jahre hat sich die Kanzlei ein europaweites Netz von Kanzleien aufgebaut, mit denen Kooperationsverhältnisse bestehen. Dies gewährleistet, dass auch grenzüberschreitende Rechtsprobleme im Bedarfsfall an hoch qualifizierte Rechtsanwälte im Ausland übergeben werden können.

Dr. Klaus Höchstetter, geb. 1964, studierte Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Politikwissenschaften an der Hochschule für Politik in München. 1990 legte er sein erstes juristisches Staatsexamen ab, 1993 folgten das zweite juristische Staatsexamen und der Abschluss des Politikstudiums als Diplomaticus Scientiae politicae Univ. (Dipl.sc.pol.Univ.). Seit 2000 erlangte Herr Höchstetter ergänzende Qualifikationen, insbesondere als Fachanwalt für Steuerrecht (2001), Anwalt für Wirtschaftsrecht (2003) und Executive Master of Business Law M.B.L.-HSG (2007). 2006 wurde er magna cum laude promoviert. Herr Dr. Höchstetter verfügt über Berufserfahrung in der freien Wirtschaft und übernahm in der Vergangenheit diverse Lehraufträge. Darüber hinaus war er wiederholt bei Fernsehauftritten zu juristischen Fragestellungen zu sehen.

Höchstetter & Kollegen
Dr. Klaus Höchstetter
Bavariaring 38
80336
München
info@hoechstetter.de
+49 (0)89 74 63 09 0
http://hoechstetter.de



Interview mit dem Münchner Rechtsanwalt Dr. Klaus Höchstetter

München, 23.03.2010 - Dr. Klaus Höchstetter, geb. 1964, ist in München als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei tätig. Er hat Rechtswissenschaften und Politikwissenschaften studiert und ist Fachanwalt für Steuerrecht, Anwalt für Wirtschaftsrecht und Executive Master of Business Law M.B.L.-HSG. Herr Dr. Höchstetter verfügt über Berufserfahrung in der freien Wirtschaft und übernahm in der Vergangenheit diverse Lehraufträge. Darüber hinaus war er wiederholt bei Fernsehauftritten zu juristischen Fragestellungen zu sehen.

Herr Dr. Höchstetter, in den vergangenen Wochen hat der Schweizer Steuerhinterziehungsskandal die Schlagzeilen in den Tageszeitungen bestimmt. Diesmal hat ein Unbekannter dem Staat Daten zugespielt, aber wie ist es grundsätzlich zu erklären, dass in den letzten Jahren so viele Steuerdelikte im großen Rahmen aufgedeckt wurden?

Dr. Klaus Höchstetter: Der Hintergrund der aktuellen Entwicklung ist darin zu sehen, dass der Datendiebstahl bei Schweizer und Liechtensteiner Banken offenkundig extrem zunimmt und inflationär wird. Ein Anreiz für diese Entwicklung war seinerzeit der Ankauf der Daten-CD im Zusammenhang mit der Affäre Zumwinkel bzw. LGT-Liechtenstein. Alle diese Fälle offenbaren einen Schwachpunkt bei der Wahrung des Bankgeheimnisses: den im Einzelfall betreuenden Bankmitarbeiter sowie jede Person, die bankintern Zugang zu EDV- und anderen Datensystemen hat. Das gleiche Problem besteht natürlich ganz allgemein beim Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.

Sehr umstritten sind unter Politikern und in der Bevölkerung der Ankauf und die Verwendung der illegal erworbenen Daten, die der anonyme Informant der Bundesregierung für 2,5 Millionen Euro verkaufen will. Wie schätzen Sie das juristisch ein?

Aus meiner Sicht ist der Ankauf gestohlener Bankdaten sowohl juristisch als auch moralisch nicht vertretbar. Moralisch betrachtet, sollte sich ein starker Rechtsstaat nicht auf das Niveau von Kleinkriminellen herablassen. Im Übrigen hat es ein starker Rechtsstaat auch nicht nötig, sein wertes System mit zweifelhaften Methoden zu verteidigen. Juristisch betrachtet, handelt es sich um den Diebstahl von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Diese Daten kauft der deutsche Staat an - obwohl der Datendiebstahl auch in Deutschland strafbar ist. Der Ankauf gestohlener Daten stellt einen Dammbruch dar, der die Verhältnisse gefährlich ins Wanken bringt. Wieso sollte sich künftig noch irgendjemand über den Datendiebstahl von sogenannten CO2-Zertifikaten in der Industrie aufregen, wenn doch sogar der deutsche Staat vergleichbar geheime Daten aufkauft, wenn auch aus einer anderen Branche? Oder ein anderer Vergleich: Warum sollte der Ankauf von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Rahmen von Wirtschaftsspionage, beispielsweise durch den chinesischen Staat, anders zu bewerten sein als der Ankauf von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen durch die deutsche Regierung?

Wie beurteilen Sie die Rolle der Schweizer Banken bei der Steuerhinterziehung? Tragen sie eine Mitschuld im Sinne der Beihilfe zur Steuerhinterziehung? Und können Finanzberater zur Rechenschaft gezogen werden?

Zunächst einmal ist grundsätzlich festzuhalten, dass das schweizerische Bankengeheimnis Teil eines freiheitlichen bürgerlichen Abwehrrechtes des Individuums gegen den Staat ist. Es ist ein Abwehrrecht im Rahmen informeller Rechtsbestimmung des Einzelnen gegen den Staat in bester liberaler Tradition. Dass es passieren kann, dass diese freiheitlich-liberalen gesetzlichen Regelungen auch dazu missbraucht werden können, um Steuerverkürzungen zu decken, lässt sich nicht verhindern und ist wie bei jeder anderen rechtlichen Normierung selbstverständlich - wenn auch dieser Missbrauch natürlich nicht gutzuheißen ist.
Meiner Erfahrung und Kenntnis nach ist es inzwischen in der Schweiz viel schwieriger geworden, ein Konto zu eröffnen, als es in Deutschland ist. In der Schweiz werden regelmäßig in dezidierter Weise nicht nur der soziale Hintergrund und die Herkunft von Geldern im Rahmen der allgemeinen Geldwäsche-Compliance abgefragt, sondern es wird ausdrücklich geklärt, ob es sich um steuerlich sensible, also um versteuerte oder unversteuerte Mittel handelt. Die Schweiz ist in diesem Bereich schon sehr viel weiter als etwa die deutschen Banken. Allerdings sehe ich es als nicht unproblematisch an, dass die Schweizer Banken inzwischen Daten und Hintergründe abfragen, die sie eigentlich nichts mehr angehen.
Ein Geschäftsmodell, das speziell Steuerhinterzieher anziehen will, verfolgen die Schweizer Banken sicher nicht, aber sie nutzen die "Gelegenheit" und die offenkundig starke Nachfrage. Sie verfolgen vielmehr ein Geschäftsmodell, welches das Diskretionsbedürfnis des einzelnen Anlegers würdigt und respektiert. Schwachpunkt dürfte hier nicht die Bank sein, sondern im Einzelfall der jeweilige Kundenberater. Allerdings ist eine differenzierte Betrachtungsweise im Rahmen der aktuell populistisch geführten Diskussion um die aufgedeckten Steuerhinterziehungen leider kaum möglich.

Womit müssen Steuerhinterzieher rechnen, deren Daten auf der Schweizer CD gespeichert sind?

Die Steuerpflichtigen, deren Daten sich auf der schweizerischen CD befinden und die ihre auf dem gegenständlichen Konto geführten finanziellen Mittel in Deutschland nicht deklariert haben, haben allen Grund, besorgt zu sein: Selbstverständlich wird gegen diese Personen ohne deren Kenntnis ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Das bedeutet, dass die Betroffenen zum einen die seinerzeit verkürzten Steuern nebst Zinsen, Sollniszuschlägen, Hinterziehungszinsen usw. nachzahlen müssen. Zum anderen ist sicherlich mit einer empfindlichen Geldstrafe oder sogar einer Freiheitsstrafe zu rechnen, die möglicherweise noch gegen Zahlung einer empfindlichen Geldauflage zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

Vermutlich leben jetzt viele Steuerhinterzieher in der Angst, entdeckt zu werden. Was raten Sie ihnen?

Gegenwärtig rate ich allen Menschen, deren Daten potentiell auf einer der öffentlich diskutierten Daten-CDs gespeichert sein könnten und die nicht versteuerte Gelder auf Konten in der Schweiz oder generell im Ausland halten, zur Selbstanzeige. Zum einen ist dies der einzige Weg, um die steuerliche Angelegenheit mit strafbefreiender Wirkung aus der Welt zu schaffen. Zum anderen ist es angesichts des sich verschärfenden gesellschaftlichen, politischen und juristischen Drucks der einzige Weg, um wieder ruhig schlafen zu können und somit die Lebensqualität wieder herzustellen. Man muss wissen, dass sich das Entdeckungsrisiko inzwischen nicht mehr mit "Wahrscheinlichkeiten" kalkulieren lässt. Entscheidend ist bei der Selbstanzeige, dass sie vom Fachmann umfassend und vor allem rechtzeitig abgefasst und eingereicht wird. Andernfalls ist die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige potentiell nicht gegeben.

Wie finden Betroffene einen qualifizierten und vertrauenswürdigen Ansprechpartner, der ihnen weiterhelfen kann? Worauf sollten sie bei der Wahl des Rechtsanwalts achten?

Problematisch bei der Wahl des richtigen Fachmanns ist, dass die meisten Steuerpflichtigen geneigt sind, sich sofort an "ihren" Steuerberater zu wenden. Das ist deshalb problematisch, weil der Steuerberater die gesamte Betreuung seines Mandanten abbrechen muss, wenn er im Fall von nicht versteuerten Geldern berät und dann entgegen seiner Empfehlung keine Selbstanzeige erstattet wird. Sobald der Steuerberater von einer Steuerhinterziehung erfährt und der Mandant eine Selbstanzeige ablehnt, muss der Steuerberater das Mandat zwingend niederlegen, weil er sich sonst selbst strafbar machen würde und im übrigen dann künftig auch durch Dritte angreifbar wäre.
Im Übrigen kommt es bei der Wahl des Beraters darauf an, dass er nicht nur ein versierter Experte auf dem Gebiet des Steuerrechts ist, sondern auch über profunde Kenntnisse im Strafrecht verfügt. Das Steuerstrafrecht ist im Spannungsfeld von Steuerrecht einerseits und Strafrecht andererseits anzusiedeln. So ist beispielsweise schon ganz am Anfang darauf zu achten, dass die abzufassende Selbstanzeige zwar beim zuständigen Finanzamt eingereicht, im Zweifelsfall aber zunächst bei der Straf- und Bußgeldstelle bzw. der Steuerfahndung gelesen wird.

Wenn sich jemand, der Steuern hinterzogen hat, zu einer Selbstanzeige entschließt, wie sollte er dann vorgehen und worauf muss er achten?

Sobald nach entsprechender Beratung die Entscheidung gefallen ist, Selbstanzeige zu erstatten, ist - in aller Kürze - auf Folgendes zu achten: Der Betroffene sollte umgehend einen versierten steuerstrafrechtlichen Experten mit profunder Kenntnis in den Bereichen Steuerrecht und Strafrecht konsultieren. Es ist wichtig, dass der Steuerpflichtige mit seinem Berater umfassend und offen spricht, weil die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige nur so weit reicht, wie tatsächlich bislang nicht deklarierte Einkünfte nachträglich angegeben werden. Die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen, insbesondere die Anforderung von Unterlagen bei den betroffenen Banken sollte auf jeden Fall in Abstimmung mit dem Berater oder sogar über diesen erfolgen. Das gleiche gilt für die Überführung erforderlicher Unterlagen aus dem Ausland nach Deutschland.
Es gilt, keine Zeit zu verlieren, denn nur eine Selbstanzeige, die in Deutschland rechtzeitig eingereicht wird, hat strafbefreiende Wirkung. Wenn die Steuerfahndung an die Tür klopft, ist es für eine Selbstanzeige im Zweifel zu spät. Gegebenenfalls lässt sich dann noch eine sogenannte gestufte Selbstanzeige einsetzen. Dabei werden zunächst geschätzte Einkünfte nachträglich deklariert, um dann im weiteren Besteuerungsverfahren die bei den Banken angeforderten Unterlagen mit präzisen Zahlen nachzureichen. Korrigiert werden darf dann wegen der Sperrwirkung des zwischenzeitlich eingeleiteten Ermittlungsverfahrens aber nur noch nach unten.

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Höchstetter & Kollegen
Bavariaring 38
80336 München
Telefon +49 (0)89 74 63 09 0
Telefax +49 (0)89 74 63 09 99
E-Mail: info@hoechstetter.de

Die Kanzlei Höchstetter und Kollegen am Bavariaring 38 in München wurde 1993 von Rechtsanwalt Dr. Klaus Höchstetter gegründet, der nach wie vor die Leitung innehat. Heute beschäftigt die expandierende Kanzlei ein Team von 10 bis 14 Mitarbeitern, bestehend aus vier Rechtsanwälten, die durch ihr Fachwissen einen großen Teil der Rechtsgebiete abdecken, Fachangestellten und freien Mitarbeitern. Über die Jahre hat sich die Kanzlei ein europaweites Netz von Kanzleien aufgebaut, mit denen Kooperationsverhältnisse bestehen. Dies gewährleistet, dass auch grenzüberschreitende Rechtsprobleme im Bedarfsfall an hoch qualifizierte Rechtsanwälte im Ausland übergeben werden können.

Dr. Klaus Höchstetter, geb. 1964, studierte Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Politikwissenschaften an der Hochschule für Politik in München. 1990 legte er sein erstes juristisches Staatsexamen ab, 1993 folgten das zweite juristische Staatsexamen und der Abschluss des Politikstudiums als Diplomaticus Scientiae politicae Univ. (Dipl.sc.pol.Univ.). Seit 2000 erlangte Herr Höchstetter ergänzende Qualifikationen, insbesondere als Fachanwalt für Steuerrecht (2001), Anwalt für Wirtschaftsrecht (2003) und Executive Master of Business Law M.B.L.-HSG (2007). 2006 wurde er magna cum laude promoviert. Herr Dr. Höchstetter verfügt über Berufserfahrung in der freien Wirtschaft und übernahm in der Vergangenheit diverse Lehraufträge. Darüber hinaus war er wiederholt bei Fernsehauftritten zu juristischen Fragestellungen zu sehen.

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